Die Befragungen am 2. und 3. Dezember zeigten, dass die Notverstaatlichung der Hypo im Dezember 2009 die beste Lösung war. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny bestätigte: Wäre die Hypo zusammengebrochen, hätte es eine Kettenreaktion gegeben. Österreich hatte ebenfalls bisher etwa 5 Milliarden Kosten. Das ist sehr viel weniger als ein Konkurs gekostet hätte.

 

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Am 2. Dezember wurde der ehemalige Investor und Hypo-Vorstand Tilo Berlin zum zweiten Mal befragt. Er zeichnete sich dadurch aus, aufgrund von Geschäftsgeheimnissen Fragen der Abgeordneten nicht zu beantworten. Die zweite Auskunftsperson, der kroatische Ex-General Vladimir Zagorec, erschien bereits zum zweiten Mal nicht. Unklar ist, inwieweit er zu einem Erscheinen vor dem Ausschuss gezwungen werden kann, da er kein österreichischer Staatsbürger ist.

 

Am 3. Dezember wurden Ewald Nowotny und Wolfgang Duchatczek befragt. Nowotny wurde im September 2008 Gouverneur der OeNB und vertritt seitdem die Nationalbank auch nach außen hin. Duchatczek arbeitete seit 1976 für die OeNB, war seit 1997 Mitglied in dessen Direktorium und von 2003 bis zu seiner Pensionierung 2013 Vizegouverneur. Befragt wurde er, da er in Vertretung von Ewald Nowotny jene Stellungnahme aus dem Jahr 2008 unterzeichnet hatte, in der die Systemrelevanz der Bank festgestellt worden war.

 

 

Finanzkrise 2008/09: Banken „wie Schiffe durch den Kanal von Korinth manövrieren“

 

Duchatczek zeichnete in seiner Befragung die Folgen der Finanzkrise seit 2008 nach. Auf die systemische Krise sollten systemische Antworten gefunden werden.

 

Nach dem Zusammenbruch des Bankhauses Lehman haben die Notenbanken und Regierungen in Europa gerungen, auf die Krise zu reagieren, Nowotny fasste das Credo zusammen: „Die Fehler der 1930er Jahre durften sich nicht wiederholen, ein Zusammenbruch von Banken musste verhindert werden, sonst hätte es eine Kettenreaktion gegeben.“

 

Laut Duchatczek wollte man „Serienzusammenbrüche verhindern“. Duchatczek bediente sich eines Vergleichs, um die Situation für politische EntscheidungsträgerInnen in Europa und Österreich nachzuzeichnen: Banken waren „wie Schiffe, die man durch den Kanal von Korinth manövrieren musste, ohne dass sie irgendwo anstoßen.“ Es galt, Banken zu stabilisieren und gleichzeitig über Finanzhilfen wie Partizipationskapital den Wettbewerb nicht zu verzerren.

 

In Österreich sollte das FinStaG vom Herbst 2008, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Vertrauen von Gläubigern und Kunden stärken und Banken stabilisieren. Das Bankenpaket vom Oktober 2008 umfasste 100 Milliarden Euro und war ein einstimmiger Beschluss im Parlament. Laut Nowotny hat das großen Schaden von der Republik abgewendet, „der Schutzwall um das österreichische Bankensystem hat gehalten.“

 

 

Partizipationskapital: Hypo war systemrelevant und hatte Anspruch auf Staatshilfe

 

Ende 2008 wurde die OeNB vom Finanzministerium aufgefordert, in einer Stellungnahme den Zustand der Hypo zu beschreiben, denn diese hatte zuvor um Staatshilfe angesucht. Laut Duchatczek und Nowotny hat die OeNB die ihr gestellte Aufgabe vollends erfüllt. Dazu zählte, die Glaubwürdigkeit der Daten und Systemrelevanz zu prüfen und zu bewerten, ob die Bank Partizipationskapital erhalten könne.

 

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner fasste nach ihrer Befragung zusammen: „Die Systemrelevanz war ausschlaggebend, um Staatshilfe zu gewähren. Die Hypo war genau das, sie wurde also genau so behandelt, wie andere systemrelevante Banken zum selben Zeitpunkt.“ Sie wies darauf hin, dass auch die Erste Bank Partizipationskapital bekommen hat – auch sie war systemrelevant, aber nicht unmittelbar konkursgefährdet.

 

 

Insolvenzszenario: Dem Risiko der Bayern von 5,5 Mrd. standen 27,7 Mrd. auf Seiten Österreichs gegenüber

 

Trotz Staatshilfe hat sich die Hypo nicht stabilisiert, ab Sommer 2009 befasste sich das Finanzministerium mit der Bank. Abermals wurde die OeNB beauftragt, die Datenlage der Bank zu überprüfen und Szenarien nachzuzeichnen, wie mit der Bank umzugehen sei.

 

Am 4. Dezember 2009 gab es ein Treffen zwischen der OeNB und dem Finanzministerium – die OeNB stellte die Möglichkeiten (Insolvenz, Verstaatlichung und Burden Sharing) vor. In Strategiegesprächen verwies ÖVP-Finanzminister Josef Pröll die OeNB schnell auf ihre beschränkte Zuständigkeit: „Das BMF hat gesagt, die OeNB soll Daten liefern, ist aber nicht dazu da strategische Optionen zu liefern, sie soll sich nicht einmischen“, erinnerte sich Nowotny. Formal war das zwar korrekt, Gedanken gemacht habe man sich in der OeNB trotzdem.

Bezüglich der Notverstaatlichung zog Nowotny dieselbe Schlussfolgerung wie SPÖ-Fraktionsvorsitzender Jan Krainer: Eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria war zu vermeiden. "Das war und ist richtig" und "alle ernstzunehmenden Experten" würden sich dieser Auffassung anschließen.

 

Nowotny selbst hat Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Pröll dringend dazu geraten, einen Konkurs der Hypo Alpe Adria zu verhindern. Faymann war skeptisch gegenüber der Hypo. „Die Begeisterung war gering, sich in so einer Bank zu engagieren“, fasste Nowotny die Haltung des Bundeskanzlers zusammen. „Ich habe dem Bundeskanzler gesagt, dass es keine sympathische Bank ist, aber dass es massive gesamtwirtschaftliche Interessen gibt, dass diese Bank nicht in Konkurs geht“, so Nowotny.

 

Diese Meinung vertrat 2009 auch die EZB und Jean Claude Trichet. Dieser hat noch am Verhandlungssonntag angerufen, da er einen Konkurs befürchtete. Laut Nowotny, der mit Trichet telefonierte, hat er erklärt, dass ein Konkurs sowohl für Österreich als auch Europa negativ wäre. Die Konsequenzen teilte Trichet auch den Bayern mit.

 

Zum Zeitpunkt der Verhandlungen haftete das Land Kärnten allein mit 19 Milliarden Euro, insgesamt stand auf Seiten der Republik ein Risiko von 27,7 Milliarden Gesamtsumme – eine Summe, die laut Nowotny im Fall eines Konkurses der Hypo unmittelbar fällig geworden wäre.

 

 

Griss-Bericht bestätigt: Verstaatlichung war richtige und beste Lösung

 

Als die Griss-Kommission Ende 2014 die Notverstaatlichung untersuchte, teilte Nowotny dieser mit, wie die Verhandlungen von statten gingen. Dabei tauschten sich Nowotny und Irmgard Griss auch darüber aus, wie die Notverstaatlichung selbst zu beurteilen ist. Griss meinte „es ist ihr klar, die Insolvenz wäre nie eine sinnvolle Alternative gewesen“. Der Griss-Bericht folgert lediglich, dass die Ausgestaltung auch anders möglich gewesen wäre.

 

Krainer resümierte am Ende des Ausschusses die aktuelle Situation: „Gegenwärtig hat die Hypo den Bayern – inklusive der aktuellen Vergleichskosten – 5 Milliarden gekostet. Sie haben also fast die volle Summe verloren, die auch auf ihrer Seite an Risiko 2009 bestanden hat. Österreich, das ein Risiko von 27,7 Milliarden hatte, hatte ebenfalls bisher etwa 5 Milliarden Kosten. Das ist sehr viel weniger als ein Konkurs uns gekostet hätte.“