Auch in der Nachbetrachtung war die Notverstaatlichung der Hypo die beste Lösung. Eine Insolvenz hätte Kärnten in die Pleite geführt. Ursache dafür war, dass beim Verkauf der Hypo an die BayernLB die Landeshaftungen behalten wurden. Somit hat die FPÖ in Kärnten die Handlungsmöglichkeiten abgegeben, aber das Risiko behalten.

Am 15. Dezember waren die Wirtschaftsprüfer Thomas Becker (Deloitte) und Sven Hauke (PwC) in den Untersuchungsausschuss geladen. Am Tag darauf wurden Michael Höllerer, seit 2012 Generalsekretär der Raiffeisen, und Harald Dossi, derzeit Parlamentsdirektor, befragt. Dossi war in den Jahren 2008 und 2009 in der Koordinationssektion des Bundeskanzleramtes (BKA) tätig. Höllerer war zwischen seiner Raiffeisen-Zeit – zwischen 2008 und 2012 – Referent im Finanzministerium (BMF) und wichtiger Mitarbeiter von Josef Pröll. Dieser wiederum wurde am 17. Dezember als letzte Auskunftsperson in diesem Jahr von den Abgeordneten befragt.

 

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Pröll und Höllerer: Insolvenz „auch in ex post-Betrachtung keine Option“

Der ehemalige Finanzminister Josef Pröll strich in seiner Befragung nochmal die schweren Rahmenbedingungen der Verhandlungen angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise hervor. Der Druck war enorm. Denn obwohl die BayernLB größte Eigentümerin war, lastete wegen der Landeshaftungen in Kärnten ein Risiko von insgesamt 25 Milliarden auf den Schultern der Republik.

Die „Ursünde“ machte Pröll darin aus, dass die Haftungen auch beim Verkauf der Bank an die Bayern behalten wurden. „Man hat die Handlungsmöglichkeiten abgegeben, aber das Risiko behalten“, so Pröll. Risiko, Lizenz und Kontrolle der Hypo lagen in Österreich, nur der Eigentümer kam aus Deutschland.

Als die Bayern mit Insolvenz drohten, standen verschiedene Optionen zur Auswahl. Die Notverstaatlichung war dabei, so der ehemalige BMF-Mitarbeiter Höllerer, „die richtige Lösung. Eine Insolvenz wäre auch in ex post-Betrachtung keine Option.“ Die Nationalbank und die EZB formulierten drastisch, aber klar, welche Folgen eine Insolvenz gehabt hätte. Die Risiken für den damaligen Hypo-Mehrheitseigentümer BayernLB beliefen sich auf 6 Milliarden Euro, für Österreich – durch Haftungen – aber auf 25 Milliarden. Die Verstaatlichung war vom Verlust "absolut geringer" als ein Konkurs.  Die Haftungen wären sofort schlagend geworden und hätten Kärnten in die Pleite geführt.

 

Dossi: Bis Dezember 2009 schien die Lage stabil

Harald Dossi war zum Zeitpunkt der Vergabe von Partizipationskapital im Dezember 2008 beratend im Bundeskanzleramt (BKA) tätig. Bei der Frage um das Gewähren dieser Staatshilfe stand laut Dossi die Systemrelevanz im Vordergrund. Nachdem das Geld geflossen ist, haben Dossi und das BKA mehrere Monate keine Besorgnis erregende Information bekommen – weder von Seiten der Hypo noch vom BMF. Noch im September 2009 ist auf einem Routine-Termin im BMF „der Eindruck erweckt worden, dass die Dinge im Lot sind“, erinnerte sich Dossi. Es war im Dezember  2009 „wirklich eine große Überraschung, zu erfahren, wie es mit der Bank in der Zwischenzeit stand.“

 

 

Höllerer: „Gab lange keinen Hinweis, dass Bayern den Schlüssel abgeben wollten“

Befragt wurde auch Höllerer zur Abfolge von Ereignissen im Jahr 2009. Auf bayerischer Seite habe man sich zuerst kooperativ gezeigt, als sich im Verlauf des Jahres die Situation der Bank nicht besserte. So habe es auch beim Besuch von Georg Fahrenschon, des bayrischen Finanzministers, Ende August 2009 in Wien noch kein Anzeichen gegeben, dass sie die Hypo abgeben wollten. „Die Bayern machten immer den Eindruck, zu ihrer Verantwortung als Eigentümer zu stehen. Es gab lange keinen Hinweis, dass sie den Schlüssel abgeben wollten“, erklärte Höllerer.

Erst Ende November machten sie klar, dass sie nicht mehr bereit waren, Kapital in die Hypo zu stecken, das BMF besprach darauf hin mögliche Strategien. Am 7. und 8. Dezember schließlich machten die Bayern klar, dass sie mit der Hypo nichts mehr zu tun haben wollten. Die Lage eskalierte als zunehmend Mittel abflossen. Es gab hohe Abhebungen von Privat- und Firmenkunden, Eigentümer zogen Liquiditätslinien ab.

 

Krainer: „Bayern haben 3,7 Milliarden liegen lassen“

Der Verhandlungsstand vor Beginn des Verstaatlichungswochenendes 11. und 12. Dezember 2009 seien Maximalpositionen gewesen.

Ziel der Verhandelnden war, einen möglichst großen Beitrag der Alteigentümer zu erreichen. „Das ist auch gelungen“, resümiert SPÖ-Fraktionsvorsitzender Jan Krainer.

Die Bayern sind in der Nacht von 13. auf 14. Dezember 2009 mit einem Euro heimgegangen und dem Versprechen, einen Teil ihres Geldes, das sie als Liquidität in die Bank investiert hatten, zurückzubekommen. Aber das haben sie im Endeffekt nicht erhalten, denn durch den Vergleich, der gerade ausgehandelt wurde, bekommen sie auch davon nur die Hälfte. Das ist durchaus zufrieden stellend“, folgert Krainer. „In Summe haben die Bayern 3,7 Milliarden Euro liegen gelassen.“

 

Wirtschaftsprüfer bestritten Fehler

Becker, der ab März 2007 immer wieder die Hypo Alpe Adria geprüft hatte, bestritt, Fehler gemacht zu haben. Krainer fragte, wie es sein könne, dass die Bank für das Jahr 2009, als man sich am Beginn der Finanzkrise befand, nur 300 Millionen als Wertberichtigung vorsah. Becker konnte das nicht beantworten. Die Zahlen, die die Bank präsentiert habe, seien plausibel gewesen. Tatsächlich lag der Wertberichtigungsbedarf aber bei fast zwei Milliarden Euro.

PwC nahm als Wirtschaftsprüfer im Jahr 2009 eine Neubewertung der Hypo-Vermögenswerte vor. Sven Hauke gab an, dass die Bank zu große Risiken eingegangen ist. Im Jahr 2009 haben sich die Rahmenbedingungen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise stark verschlechtert. Schwachstellen war laut Haucke eine Häufung von Ausfallrisiken, etwa in Kroatien, der Ukraine und Bulgarien. Insgesamt stellten die Prüfer einen Abwertungsbedarf von 900 Millionen bis zu 1,3 Milliarden Euro fest.

 

Krainer zur Aktenvernichtung von Griss: Nachricht kam „überraschend“

Irmgard Griss, ehemalige Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission, hat die Gesprächsprotokolle von Personen, die jetzt auch Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss waren und sind, vernichtet. Für Krainer kam diese Nachricht „sehr überraschend“, er zeigte sich vor der Ausschusssitzung verwundert über diese Handlung. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Arbeit von Griss mit Transparenz einhergeht, nun haben wir auf Akten, die hilfreich für die Untersuchung wären, keinen Zugriff“, fasste Krainer zusammen.